Essen, Michelin, Restaurants, Spanien

Eirado Da Leña Pontevedra – Einsam glücklich

Restaurant Eirado Da Leña Pontevedra

Ich sitze mutterseelenallein im kleinen Speisesaal. Obwohl es schon nach halb 10 Uhr abends ist und der Spanier eher spät zu Tische sitzt. Eigentlich genau die Zeit in dieser Region einen Happen zu sich zu nehmen, zumal die Tische auf dem Platz vor dem Restaurant – Da Leña – in der Altstadt Pontevedras gepackt voll sind. Die 7 Tische im Eirado Da Leña sind leer, nur ich scheine mich hierher verirrt zu haben. Lediglich eine Porzellankuh auf meinem Holztischchen starrt mich an. Habe ich einen Fehler gemacht? Ein Michelin Stern, ein moderner galizischer Koch der Truppe Nove, kleines Lokal an einem pittoresken Platz in einer der netteren Städte Galiziens und ich pfeife mir als einziger eines der beiden Menüs rein?

Ganz allein? Was soll´s – habe die Weinbegleitung…

Lange kann ich nicht darüber nachdenken, denn der schlumpfige Kellner trabt mit der Brotauswahl an. Bei der Niederschrift dieser Zeilen hatte ich schon vergessen, was es als Brot gab und ob mir etwas zur Teigführung erklärt wurde. Ich glaube nicht und wie fast immer in Galizien war es auch für einen verwöhnten Deutschen – zumindest was Brot angeht – in Ordnung. Dann kommt auch schon die Chefin des Raumes und will wissen, was die Köche, die nur auf mich gewartet haben, denn servieren dürfen. Die Wahl fällt auf das Menü Curricán, mit den Klassikern des Restaurants Eirado De Leña, neun Häppchen, dazu die Weinbegleitung mit sechs Schluck. Alternative wären 12 Gänge mit entsprechenden Getränken gewesen.

Grupo Nove Galizien

Während dem Leser hoffentlich schon das Wasser im Munde zusammenläuft, noch kurz, was mich in dies Lokal von Iñaki Bretal getrieben hat.

Mehr durch Zufall bin ich auf die Grupo Nove gestoßen, ein Zusammenschluß junger Köche aus dem Jahre 2002. Damals waren dies neun Köche, daher der Name Nove (Neun auf Gallego), mittlerweile ist die Truppe auf 21 angewachsen, die sich – so die Eigenwerbung auf der eigenen Netzseite – der einfachen und kreative Küche verschrieben hat. Dort liest man auch (freie Übersetzung denn die Seite gibt´s nur auf Gallego und Spanisch: „einfach mit Emotion, im Mittelpunkt steht Produktqualität dessen, was der Atlantik hergibt…horizonterweiternde Geschmackserlebnisse…Leuchtturm der galizischen Küche“.

Das liest sich wirklich nicht schlecht und ist genau mein Ding. Was liegt also näher, als sich durch die Profile der 21 Kreativköpfe durchzuklicken und sich durch die Lokale durchzufressen. An und für sich nichts, allerdings ist der Familienurlaub zeitlich begrenzt und irgendwie möchte meine Frau nicht in zwei Lokalen am Tag speisen, die Essen servieren, daß unser Nachwuchs nur mit spitzen Fingern anrührt.

Die Entscheidung fällt daher auf Eirado De Leña von Iñaki Bretal, der in einem früheren Leben Immobilienmakler gewesen sein muß. Angelehnt an die Maklerweisheit lautet seine Philosophie: Produkt, Produkt, Produkt, welche auch die erfreulich überschaubare Speisekarte ziert.

Menü im Restaurant Eirado Da Leña

Den Auftakt macht eine einfache Sardine auf Brioche, leicht geräuchert mit Algenfitzelchen und zur Erweiterung der Sinne serviert über einem angekokelten noch leicht rauchendem Salbeiblatt. Der angenehme Geruch bleibt noch lange in der Nase hängen. So kann´s gerne weitergehen.

Im zweiten Gang gleich Percebes oder zu Deutsch Entenmuscheln. Eine der teuersten Meeresfrüchte, die Weihnachten mit bis zu EUR 200.- das Kilo zu Buche schlagen können, erklärt mir die Sommeliere, die mich den Abend begleitet auf Nachfrage. Mittlerweile ist der Service etwas aufgetaut, ich fühle mich noch immer beobachtet, aber was soll die dreiköpfige Servicecrew auch sonst tun. Später höre ich, daß der gegenwärtige Preis der wertvollen Muschel ab Kahn EUR 55.- für kleine und EUR 80.- für größere Exemplare beträgt.

Welche Größe mir serviert wurde kann ich nicht erkennen, sind sie doch in feine Scheiben geschnitten und mit einem Sud von Steinpilzen serviert. Auch nicht schlecht.

 

Verhundste Auster… sieht aber wenigestens aus…

Ein Totalausfall ist die folgende Auster in Tempura auf Topinamburpüree. Man schmeckt weder Auster noch Topinambur, nur irgendwie Teig und die ihrer Eigenheiten beraubten Auster. Der Service erklärt, daß dies Gericht Menschen, die eben keine Austern mögen für das Produkt öffnen soll. Nun denn, ich mag Austern nicht wirklich, aber wenn schon, dann lieber richtig.

Ganz großartig hingegen ein nur kurz blanchierter fast roher Spargel, aufrecht stehend in einer fantastischen Ajo Blanco, einer kalten Sommersuppe mit einem Hauch Knoblauch, dazu geröstete Mandel. Ein Traum. Gespült wird mit einem Albariño aus dem Stahltank, leicht oxidiert, Alalá 2015.

Spargel vom Feinsten…

Wirklich einfach – getreu der Philosophie des Eirado Da Leña, auch der Fischgang. Perfekt auf der Haut gebratener Seebrasse (Seabream, Spanisch: Sargo) mit einer lokalen Version des Kartoffelpürees in dem auch die Schalen verarbeitet werden. Statt fetter Sauce, Schäumchen oder ähnlichem liegt der Fisch in einem roten Öl. Die Salsa Ajada, Knoblauchöl mit Paprika. Mehr braucht es wirklich nicht. Dazu mundet der portugiesische Rosé aus dem Dão, La Galaxia 2019, kein großer Tropfen aber passt zum Gericht.

Fisch, Kartoffelpürree, Öl

Das Milchlamm mit Kräutern ist leider etwas zu salzig, aber das wird durch die feisten Nachtische wieder wett gemacht. Mein Favorit der simple Apfelkuchen bzw. Tarta de Mazá: feinste Apfelscheiben auf feister Vanillecreme, darunter ein hauchdünner Keksboden. Superlecker. Hätte lieber noch ein Törtchen gegessen statt dem Haselnusscoulant mit Sahneeis und Tonkabohne.

Wein des Abends war der hierzu kredenzte Süßwein. Aus der Region und autochtoner Traube Blanco Leixitimo, leicht moussierend. Später bekomme ich von der Restaurantchefin und Sommeliere Raquel Fernandez – sozusagen als Bonus fürs brave Aufessen und Interesse am Wein – noch ein Schlückchen Sitta Pereiras, ein Albariño Süsswein 2019.

The Damage

9-Gänge Menü EUR 57.-

6 Weinchen EUR 28.-

A la Carte Essen geht auch, Hauptgerichte zwischen EUR 27.- und 34.-, Vorspeisen ab EUR 2,50.- für eine Sardine bis zu 34.- für Abalone (Seeohren). Süßes max. EUR 9.-

Fazit Restaurant Eirado Da Leña in Pontevedra

Ein großartiger Abend trotz (oder wegen?) der Rundumbetreuung, die gegen Ende auftaute. Besondere Küche, die tatsächlich dem einfachen Produkt den höchsten Stellenwert einräumt, sieht man einmal von der malträtierten Auster ab. Das zu einem spektakulärem Preis in gemütlich-rustikalem Ambiente. Unbedingt mitnehmen, wenn auf der Ecke.

Sonst noch was?

  • 1 Stern Michelin
  • 1 Sonne Repsol
  • www.oeirado.com